Silvia Dober
Sofa, so good...
Aktualisiert: 12. Mai
Tja, wie fängt man da nur an…theoretisch, haben wir verloren.
Bis vor gut zwei Jahren gehörte das Sofa immer den Zweibeinern. Ausschließlich. Keiner der vorherigen Hunde machte je Anstalten das Möbel anteilig zu beanspruchen. Und irgendwie haben wir uns da keine Gedanken gemacht, wegen ner Einladung und so. Man sieht es im Bekanntenkreis, nimmt es zur Kenntnis und freut sich vielleicht, daß das eigene Sofa nicht aussieht, wie Samson nach dem Fellwechsel.
Und irgendwie kommt es dann auch mal anders. Woran es genau lag, kann ich nicht sagen, und im Nachhinein spielt es auch keine Rolle. Wen juckt die Ursache, wenn das Ergebnis gut ist? Aber das erstmal hinkommen, das war eine Maloche …würde das Bodenpersonal behaupten.
Abends hocken die Zweibeiner auf / in einem riesigen Korb, 3,20m x 2,30m. Mit soooo viel ungenutztem Platz. Für Ellie, eine Beutelipperin aus Sizilien, geht Verschwendung nunmal garnicht. Dazu kommt, daß die Vorgesetzten zum Knuddeln und Spielen sonst auch vom Sofa auf den Boden kommen und man sich eine schöne Zeit auf dem Teppich macht. Vielleicht empfinden die Chefs das ja als nett, wenn ich meine Bereitschaft bekunde, ihnen auf dem Sofa entgegen zu kommen. Aber wie mache ich das am Undümmsten?
Phase 1:
Erstmal unter dem Radar der Ollen ein wenig vor dem Möbel rumgetigert. Dann irgendwie davor stehen bleiben, gucken, wieder weg. Ne Runde mit Theo abasseln, wieder ne Stippvisite vor dem Sofa. Das über ein paar Wochen, damit der Mensch sich langsam an die Veränderung gewöhnen kann. Wir wollen die Chefs ja nicht gleich überfordern und die einzelnen Schritte zu groß wählen, nachher werden wir noch des Wohnzimmers verwiesen, weil wir sie überfordert haben. Menschen tun sich genauso schwer manche Dinge zu lernen, bis sie gerafft haben, das Veränderung auch Gutes bringen kann. So vermutlich die Gedankengänge der kleinen Ellie, deren Kurzbesuche an der Sofakante sich mehr und mehr in eine Belagerung wandelten.
Anmerkung der Legislative:
Ich habe das durchaus mitbekommen, aber ich lasse meine Hunde erstmal machen und gucke, wohin mich / uns das führt. Die Lütten haben ein Mitspracherecht im Alltag. Ich kann keinen Dialog erhoffen, wenn ich bei jedem Thema nur meinen Stiefel durchziehen will.
Phase 2:
Ellie holt sich nen Komplizen ins Boot. Von da an standen die beiden wie die Orgelpfeifen vorm Sofa und schraubten die Nervspirale langsam, aber zuverlässig, in die Höhe. Bei Theo hatte man mehr den Eindruck, daß er nur mitmachte, weil ihm Ellie das so aufgedrückt hatte. Sie saß wie ein Türsteher vor der Kante und starrte uns hypnotisierend an. Er guckte in die gleiche Richtung, konnte kein direktes Ziel ausmachen. Aber, wenn seine Ellie das so macht, wird es wohl richtig sein.
Phase 3:
zaghafte Offensive Ein bißchen gezwitschert und irgendwie kam eine Pfote aufs Sofa. Natürlich hatte Ellie das nicht mitbekommen, denn ihre Pfoten agieren autark. Sie guckt ihre Pfote an, dann uns. Mein Mann und ich blieben cool. Innerlich brauchte ich schon fast eine Krankenunterlage, denn der mimische Zwiespalt der Hündin war einfach köstlich.
Phase 4:
Angriff Langsam kraxelte die zweite Pfote aufs Sofa. Ui, wie bin ich denn nur hier hingekommen?! Sowas aber auch? Das Sofa hat sich unter mich geschoben. Ganz bestimmt. Versprochen. Wer was anderes sachd, der lüücht.
Das Fazit der Steuerzahler im Rudel war, sie dürfen drauf, aber es soll unser „Korb“ bleiben. Also, wenn eine entsprechende Unterlage drauf ist (Decke et al.), samt Freigabe, dann herzlich gern. Sind diese Parameter nicht gegeben, dann nicht. So steht das Sofa ohne uns nicht zur Verfügung. Warum, weil ich das so will. Weil es dem Sofa, im alltäglichen Verlauf, zusätzlich noch eine gesteigerte Wertigkeit verleiht. Weil das eine Respekt-Geschichte ist. Und verdammt, das ist mein Körbchen!!
Dann kam der Tag der Tage: alles oder nichts In Ellie war soviel Spannung, wie in einer geschüttelten Flasche Kribbelwasser. Ich gab die Freigabe und der fleischige Sektkorken ploppte aufs Sofa. Mistikack… wie geht es nun weiter,? Das hatte sie nicht bedacht…. so stand sie vor uns und stierte ein wenig unsicher bis orientierungslos weg, zu uns hin und wieder retour. Der Plan war RAUF, was nach RAUF kam...keene Anunkh.
Wir mussten so schmunzeln. Löwenherz und Schissbuchse. Also Arme ausgebreitet, „Spätzchen, komm“.
Spätzchen, reell ein solider 32kg-Spatzebrocken, sickerte in uns und ward ab der Sekunde nicht mehr gesehen. Sie verschmolz mit dem Sofa… und uns. Theo, nachdem Ellie nicht den Puls verloren hatte, kratzte alle Mut zusammen und krabbelte hinterher. Ellie liegt und macht sich unsichtbar… mache ich dann mal auch so.
Von „ich würd ja auch gern mal da drauf“ zu „endlich ham wa´s jeschaffd“ hat es knapp sechs Monate gedauert. Auf was es hinausläuft, war im Grunde von Anfang an klar. Nun kann man sich jedoch überlegen, ob man es forcieren soll, um den Prozess zu Ende zu bringen, weil man ja weiß, worauf es hinauslaufen soll. Oder, ob man einfach mal guckt, wie es sich entwickelt. Was die Hundis so unternehmen, um ihren Willen durchzusetzen. Wieviel Zeit sie dafür einkalkulieren, ob sie schreiend mit der Bachte durchs Unterholz knallen, oder sich einen Plan zurechtlegen und den agentenmäßig durchziehen.
Ellie hat es geplant, kleinschrittig aufgebaut, uns vermeintlich behutsam an ihren Plan herangeführt und ihn am Ende umgesetzt. Man muss nur den längeren Atem haben, zur Not Hilfsmittel (Theo) einsetzen und bei Ablehnung (ne, ohne Decke wird das nichts) nicht gleich wie nen Spaten zusammenklappen.
Steter Tropfen höhlt den Halter. Finde ich persönlich geil, denn mein Training baue ich auch so auf.
Guter Hund!
Franzi benötigte seit ihrer Ankunft gute zwei Monate, bis sie von den beiden anderen Hunden in meinem Korb toleriert wurde. Die waren übrigens nicht so nett wie ich. Da wurde geknurrt, mit der Bürste einer Instant-Hyäne, wegbeissen, runterkloppen, sämtlichen Platz belegen. Franzi bekam die Fläche einer Briefmarke zur Verfügung gestellt. Dann war unser Stoppelhopser endlich auf dem Sofa, wurde jedoch durch gezielte Liegemanöver in eine Ecke bugsiert oder über die Kante geschoben. Sowas hab ich alles übrigens nicht gemacht, das machen die Schnuffis. Der Lütten körpersprachlich vermitteln, daß sie das Sofa nicht geschenkt kriegt und etwas dafür tun muss.
Kleine Brötchen backen.
Das ganze Tamtam immer mit Blick zu mir, um sich zu versichern, daß sie nicht jenseits des Kompetenzbereichs agieren. Wenn es zu wild werden würde, riskieren sie nämlich den eigenen Platz an der Sonne. Wird es zuviel Theater, dann fliegen alle vom Sofa, denn wir erinnern uns....es ist mein Sofa und der Rest des Rudels darf geduldeter/eingeladener Weise drauf. Das Hoheitsrecht liegt nun mal bei der Regierung-> bei mir.
Als klar war, was die Mäuse wollen, wäre eine schnellere Umsetzung kein Ding gewesen. Aber warum? Es pressiert nicht und schafft nebenher noch schöne Dialogformen zwischen Beute (Sofa-Menschen) und Jäger (Madamchen und ihr gestromter Vasall samt Jungspund-Hirni).
Warum wollen unsere haarigen Kumpantiere nun so gern aufs Sofa? Zum einen geht es beim heiligen Gral des Feierabends um Teilhabe an selbigem. Zum anderen, wieso Federkissen (im Korb), wenn ich meine Knochen auf einem Viscotopper parken kann?

Und nun das wichtigste, neben der Komfort-Komponente: Kontaktliegen. Körper aneinander, man spürt sich, betreibt Fellpflege, festigt die Bindung.
Kann tiefer schlafen, denn wenn etwas ist, spürt man es trotz gedämpftem Bewusstsein immer noch an dem, an dem man angeflanscht hat. Man muss den Schnuffi nicht die ganze Zeit streicheln, bis der kahle Stellen hat. Im Kino fummelt man auch nicht permanent aneinander rum. Man guckt einen Film zusammen, kloppt sich Popcorn rein und teilt ein Erlebnis. Fummeln nicht ausgeschlossen.
Unter diesem Aspekt funktioniert bei uns das mittlerweile allabendliche Ritual, daß die Goldstücke aufs Sofa kommen. Solange keine Unterlage auf dem Flätzmöbel ist, halten sich Ellie und Theo bedeckt. Liegt die Decke drauf, oder wird sie zum Ausbreiten in die Hand genommen, sind die drei Reiter der Apokalypse schneller als die Feuerwehr an der Sofakante.
Was man zusammen macht, muss nicht immer mit Action verbunden sein. Abhängen und ein kleiner Plausch mit dem Sandmännchen. Mit einem Augenblinzeln, ob sich an der Stimmung etwas verändert hat.
Ne, alle vier strecken alle Viere von sich. Man guckt an, schnauft ab und genießt das, worauf es ankommt.
Zusammen sein. Nähe empfinden. Sicherheit spüren.
Silvia Dober